#Hanauistüberall – Erinnerung, Aufklärung, Gerechtigkeit, Konsequenzen

Henriette Quade
PressePresserklärungen DIE LINKE. im Landtag LT Presse für JL-WebsiteHenriette Quade

Zum zweiten Jahrestag des rassistischen Terroranschlags von Hanau erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, Henriette Quade:

»Am 19. Februar 2020 wurden Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov ermordet. Wir erinnern an sie und an die Überlebenden des Anschlages in Hanau vor zwei Jahren. Unsere Gedanken sind bei Ihnen und ihren Familien sowie Hinterbliebenen.

Der Täter suchte gezielt Orte auf, um Menschen mit Migrationsgeschichte zu töten und zu verunsichern. Rassistische Gewalt ist eingewoben in eine Ideologie der Ungleichwertigkeit, die im Extremfall tötet und schon im Alltäglichen die Leben der Betroffenen beschwert: Bei der Wohnungssuche, der Bewerbung, unter Kolleginnen und Nachbarn. Die Abwertung von Menschen, die Aufteilung in Dazugehörige und Fremde spaltet Gesellschaft und ermutigt Täter*innen. Rechtsextremismus und rechter Terror sind die größte Bedrohung der Demokratie.

Die Überlebenden und Opferfamilien von Hanau fordern Aufklärung über das Verhalten der Polizei, die Versäumnisse der Sicherheitsbehörden, über die ins Leere gelaufenen Notrufe. Sie fordern Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen. Die Geschädigten leiden noch lange an den Folgen der Tat, hier muss mehr und besser staatlich unterstützt werden, hier geht es um dauerhafte Aufmerksamkeit über die Gedenktage hinaus. Ein Demokratiefördergesetz, das auch die Arbeitsfähigkeit von Beratungsstrukturen für Betroffene rechter Gewalt sichert, muss endlich kommen.

Was der Anschlag von Hanau auch zeigt: Die Sicherheitsbehörden waren auch 8 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU, dem Mord an Walter Lübcke und auch nach dem rechtsterroristischen Anschlag von Halle nicht in der Lage oder nicht willens, adäquat mit den Opfern, Betroffenen und Hinterbliebenen umzugehen. Das Defizit bei den Sicherheitsbehörden ist enorm: Die Analysefähigkeit in Bezug auf rechten Terror, auf Onlinevernetzung und Radikalisierung von Täter*innen ist – das zeigt auch die Beschäftigung mit dem Anschlag von Halle – weit entfernt von der Expertise unabhängiger Stellen, Fachjournalist*innen und zivilgesellschaftlich getragener Beobachtungsstellen. Noch immer ist die Erzählung vom Einzeltäter*innen maßgeblich. Noch immer erfahren Betroffene im Kontakt mit Polizei Rassismus, Verharmlosung und Vorwürfe. Noch immer werden rassistische Einstellungen und Handlungsweisen in der Polizei nicht systematisch untersucht und aufgearbeitet. Noch immer wird bei Gedenk- und Jahrestagen erklärt, Staat und Behörden würden alles tun, um rechten Terror zu verhindern. Noch immer entspricht das leider nicht der Realität.

Der Kampf gegen rechte Gewalt und rechten Terror braucht eine Intensivierung der Strafverfolgung, entschlossenes behördliches Handeln, die Entwaffnung von Nazis. Betroffene brauchen mehr Schutz und dauerhaft gesicherte Anlaufstellen. Die demokratische Zivilgesellschaft, die dem Rechtsruck entschlossen entgegentritt – im Alltag und mit Aktionen gegen Rechts – braucht Unterstützung und Ermutigung, statt Diskreditierung als „linksextrem“.

Bundesweit rufen deshalb verschiedene Initiativen unter dem Motto „Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen“ zu Kundgebungen, Gedenkveranstaltungen und Aktionen auf. Ihnen gilt unser ausdrücklicher Dank, unsere Unterstützung und Solidarität. In Sachsen-Anhalt organisiert das Antirassistische Netzwerk eine Gedenkkundgebung in Halle (an der Saale). Sie findet am Samstag, 19. Februar, ab 15.30 Uhr am Steintor statt.«