Ein unvollständiger Jahresrückblick

Das kommunalpolitische Jahr 2022

2022 ist auch kommunalpolitisch viel passiert. Halle musste sich an verschiedene Krisen anpassen, von der Corona-Pandemie, über den Angriffskrieg auf die Ukraine hin zur sozialen Krise bzw. Energiepreiskrise. Aber es gab natürlich nicht nur Krisen: So wurde konstruktiv diskutiert und gestritten, etliche Hallenser:innen haben sich für ein besseres Zusammenleben ins Zeug gelegt und auch der Stadtrat hat so manches wichtige Thema angepackt. Mit unserem kleinen Jahresrückblick nehmen wir diese Themen in den Blick – ein Ausschnitt aus dem bald vergangenen Jahr.

Thema im Januar: Bezahlbarer Wohnraum für Halle!

Im Januar ging es um Mieten und Wohnen. Konkreter: Um den Entwurf eines Mietspiegels. Dieser wurde nötig, weil der Bund große Kommunen dazu verpflichtet, einen solchen Spiegel zu erstellen. Prinzipiell ist das auch eine gute Sache: So werden damit Vergleichsmieten ermittelt, die deutlich machen, ob eine Mieterhöhung angemessen ist oder nicht. Das Prinzip hat aber mehrere systemische Probleme. Zum einen geht es immer nur um die Erhöhung von “zu niedrigen” Mieten, nie um die Senkung von überhöhten. Zum anderen werden nur die Mietverträge der letzten sechs Jahre berücksichtigt, womit günstigere Bestandsmieten außen vor gelassen werden. Der hallesche Entwurf basierte darüber hinaus auf Kriterien, die zu teilweise höheren Vergleichswerten als in Leipzig geführt hätten. Aufgrund dieser Kritik hat sich der Stadtrat im März 2022 gegen die Anerkennung des Mietspiegels entschieden. Damit bleibt das Thema auf der Tagesordnung, denn es muss ein neuer Mietspiegel erstellt werden, dessen Kriterien transparenter und fairer sein müssen. Darüber hinaus wurde deutlich, wie dringend Halle auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen ist.

Thema im Februar: Krieg und kommunale Auswirkungen

Der brutale Angriffskrieg auf die Ukraine hat auch Halle erschüttert. Hunderte Hallenser:innen kamen spontan zu Demonstrationen gegen den Krieg und zur Solidarisierung mit den Menschen in der Ukraine zusammen. Bis heute engagieren sich etliche für humanitäre Hilfe und für den Frieden. Insbesondere unmittelbar nach Kriegsausbruch kam es zu einer ungeheuren Spendenbereitschaft. Die Stadt musste sich schnell auf Flüchtende einstellen und im Zusammenspiel mit der Zivilgesellschaft ist es gelungen, vielen direkt eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Unsere Stadträt:innen konnte sich z.B. daran beteiligen, eine Wohnung für Geflüchtete einzurichten und zu möblieren. 

Monat März: 

Thema im März: Stadt der Wissenschaft?

Seit dem Mai 2021 gibt es eine Kürzungsdiskussion an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zuletzt wurde hier Anfang Dezember 2022 um die Zukunft der Politikwissenschaft gerungen. Im März 2022 beschäftigte sich auch der Stadtrat damit, der auf unseren Antrag hin seine Solidarität mit der MLU ausdrückte und eine aufgabengerechte Finanzierung der MLU durch das Land einforderte. Dazu beteiligten sich natürlich auch Mitglieder unserer Fraktion an den unzähligen Protesten auf dem halleschen Universitätsplatz. Das Problem bleibt bestehen, aber wir als Fraktion sagen klar: Halle und Sachsen-Anhalt brauchen Wissenschaft und Bildung, die Studierenden und Wissenschaftler:innen - das muss sich im Landeshaushalt widerspiegeln.

Thema im April: Gutes Geld für gute Arbeit!

Auch im April war einiges los, unter anderem gab es Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst. Die Kolleg:innen haben auch auf den Straßen Halles für eine bessere Entlohnung, vor allem aber für gute Arbeitsbedingungen gekämpft. So wurden bspw. Regenerationstage gefordert. Als Stadtratsfraktion haben wir uns damit solidarisiert, denn gerade diese kommunalen Beschäftigten leisten unheimlich viel und müssen entlastet werden. Inzwischen konnte zwischen den Gewerkschaften (u.a. ver.di) und dem Verband Kommunaler Arbeitgeber (VKA) eine Einigung erzielt werden.

Thema im Mai: Prävention im Fokus

Im Mai wurde über die Sicherheit auf Halles Straßen diskutiert, insbesondere über (Jugend-)Gewalt. Als Fraktion vertreten wir seit Jahren die Position, dass die Stadt endlich wieder ihren Fokus auf Prävention legen muss. So tagt der extra dafür eingerichtete Präventionsrat derzeit nicht, der doch gerade ein wichtiger Akteur in der aktuellen Gewaltdebatte sein und konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation machen müsste. Das Zusammendenken und Vernetzen von verschiedenen präventiven Ansätzen wäre eine Möglichkeit, wie die Kommune aktiv werden kann. Da muss 2023 endlich etwas passieren.

Thema im Juni: Die letzte Meile und die Klimakrise

Der Monat Juni war zu heiß, zu trocken und zu sonnig, wie der Wetterdienst verkündete. Konkret heißt das: Flächen sind verdorrt, Ernten fallen aus und die Innenstädte sind in Teilen kaum begehbar. Die Klimakrise ist real und macht sich mehr als nur bemerkbar. Deshalb ist es gut, dass im Stadtrat auch über eine frühere Klimaneutralität diskutiert wurde, auf die die Stadt nun festgelegt wurde. Aber auch in anderen Bereichen können kleine Schritte gegangen werden: Unser Antrag zur “letzten Meile” für einen emissionsfreien Lieferverkehr in Halle wäre so ein kleiner Schritt. Hier soll die letzte Meile bei Paketlieferungen entkoppelt werden: Transporter fahren nur bis an den Rand der Innenstadt und liefern ihre Pakete in “Micro Hubs” ab, die dann von Fahrer:innen mit kleinen E-Fahrzeugen oder Lastenrädern zu den Kund:innen gebracht werden. Es geht aber nicht um Platz in der Innenstadt und um Klimaneutralität, sondern auch darum, dass das die Arbeitsbedingungen verbessern würde. Der Antrag wurde angenommen und die Stadtverwaltung muss dazu ein Konzept vorlegen.

Thema im Juli: Musikkultur unterstützen!

Im Juli demonstrieren Akteur:innen aus der Musikkultur unter dem frischen Zusammenschluss IG Musikveranstaltende für eine bessere Unterstützung von Freiräumen und freier Kulturszene. Denn der Einbruch durch die Corona-Pandemie, mangelnde Hilfen, steigende Preise und Verdrängung sind und bleiben massive Probleme. Dem Aufruf sind deshalb auch über 500 Menschen gefolgt. Derzeit protestiert die IG gegen die von der Verwaltung geplanten Kulturkürzungen im Haushalt der Stadt, die im beschlossen Haushaltsplan von 2023 glücklicherweise nicht mehr vorkommen. Wir finden: Völlig zurecht. Wir dürfen nicht an der Kultur sparen!

Thema im August: Profitmaximierung bei der Miete

Das ganze Jahr über, aber auch im August, wurde deutlich, dass Halle ein Problem mit dem sozialen Wohnen hat. Denn an vielen Orten in Halle werden die Mieter:innen im Stich gelassen. In der Großen Steinstraße 34 findet und fand Verdrängung statt. Und im Juli/August wurde erstmals ein weiteres und extrem drastisches Beispiel diskutiert: So kam heraus, dass den Mieter:innen bei Belvona im Südpark immer wieder die Heizung bzw. das Warmwasser abgedreht werden soll, da der Vermieter das Geld nicht weiterleitet. Dazu kommen immer wieder Probleme mit Schimmel bzw. Baufälligkeit, mit der fehlenden Erreichbarkeit des Vermieters und mehr als solide Zweifel an dessen Geschäftsmodell. Wohnen und Profitmaximierung - das geht eben nicht zusammen.

Thema im September: Vielfalt feiern

Der September 2022 stand unter den Eindruck der sehr guten CSD-Woche. Eine riesige Demonstration, viele Veranstaltungen und ein klares Bekenntnis zur Gleichstellung aller prägten diesen Monat. Wir danken den Organisator:innen und sehen es als klare kommunalpolitische Aufgabe, Vereine zu unterstützen und auf die Umsetzung des Gleichstellungsaktionsplanes und anderer Initiativen zu drängen. Für eine vielfältige und gerechte Kommune! Das muss natürlich auch 2023 gelten.

Thema im Oktober: Genug ist genug!

Die Energiepreiskrise ist auch in der Stadt Halle angekommen, das zeigen nicht zuletzt die Verhandlungen über den Haushalt, aber auch die Preise im Supermarkt. Lebensmittel, Energie und Mieten werden immer teurer. Es ist wichtig, hier politisch gegenzusteuern. Das kann eine Stadt nicht allein tun. Deshalb finden wir es sehr gut, dass unter dem Label “Genug ist genug” im Herbst überall protestiert wurde, so auch in Halle. Die Ziele sind unter anderem faire Steuern, höhere Löhne, bessere Sozialleistungen und ausreichende Krisenhilfen für die Menschen.

Thema im November: Toiletten als öffentliche Daseinsvorsorge

Toilettenpolitik klingt nicht besonders spannend. Aber tatsächlich ist das ein ziemlich wichtiges Feld. Denn die Verfügbarkeit von öffentlichen Toiletten bestimmt auch darüber, wie gut man sich in einer Stadt aufhalten kann und wem das überhaupt möglich ist. Deshalb haben wir uns auch im November intensiv damit auseinandergesetzt und weiter über unseren Antrag für eine behindertengerechte Toilette in der Sternstraße diskutiert. Das Ergebnis ist nun, dass die Toilette kommen soll, was uns sehr freut. Aber dabei belassen wir es nicht und weitere Anträge für 2023 sind dazu in Vorbereitung. 

Thema im Dezember: Der Haushalt

Der Haushaltsplan für 2023 ist gerechter, sozialer und ökologischer als der erste Entwurf. Die Kürzungen konnten abgewehrt werden, die Steuererhöhungen auch. Stattdessen geben wir mehr Geld für Baumpflege und den Sozialbereich aus, was wir gemeinsam mit anderen Fraktionen gefordert und durchgesetzt haben. Natürlich hat auch dieser Haushalt weiter Leerstellen, denn die Bedarfe sind viel höher. Es entscheidet sich in den kommenden Jahren, ob die Kommunalfinanzen endlich auf eine solide Grundlage gestellt werden können. Nötig wäre es. Dafür müssten Bund und Land den Kommunen mehr Geld zuweisen, die Schuldenbremse gestrichen werden und eine gesellschaftliche Umverteilung stattfinden. Denn es darf nicht sein, dass die einfachsten öffentlichen Leistungen kaum mehr bezahlt werden können.