Kurzbericht Stadtratssitzung 24.02.2021:

Die Stadtratssitzung in der letzten Woche hat einige positive Entscheidungen mit sich gebracht, aber ebenso eine äußerst enttäuschende: So stand vor allem unser gemeinsamer (mit SPD und MitBürger & DIE PARTEI) Antrag im Fokus, das neue Planetarium nach Sigmund Jähn zu benennen. Dafür hatten wir auch gute Argumente:

  1. Das alte Planetarium war schon nach Sigmund Jähn benannt und es gibt keinen Grund dafür, die Namenstradition mit dem Neubau aufzugeben. Vielmehr sollte eine Brücken zwischen dem neuen und dem alten Planetarium geschlagen werden.

  2. Sigmund Jähn hat mit seinem Weltraumflug viel geleistet und den Menschen im Osten Deutschlands gezeigt, wie viel ein einfacher Junge aus Morgenröthe-Rautenkranz erreichen konnte.

  3. Sigmund Jähn ist eine starke Identifikationsfigur für viele Hallenser*innen – seine Biografie steht stellvertretend für viele Ost-Biografien, die oftmals nach der Wende vergessen und scheinbar entwertet wurden.

  4. Sigmund Jähn steht für den Osten und seine kritisch zu reflektierende DDR-Vergangenheit, aber wirkte auch weit darüber hinaus. Er war zwar systemnah, aber eben kein Machthaber. Deshalb hat er nach der Wende auch im wiedervereinigten Deutschland und international große Anerkennung erfahren. Sowohl aktuelle Astronaut*innen als auch die Europäische Weltraumorganisation halten ihn in Ehren. Vor Stadtratsentscheidung ging deshalb auch eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) an die Rät*innen, in der die klare Erwartung kommuniziert wurde: Der Name Sigmund Jähn muss bleiben.

Leider konnte die von unserer Stadträtin Katja Müller vorgetragenen Argumente die Mehrheit nicht überzeugen (Rede zum Nachlesen: t1p.de/3q0w). Insbesondere die Gegner*innen des Antrags entfernten sich zunehmend von dem Grundgedanken, der eine überfraktionelle, sachliche und kritische Auseinandersetzung mit der Rolle Sigmund Jähns als Namenspatron für unser Planetarium zum Ziel hatte. Während ursprünglich fast alle Fraktionen die Initiative unterstützt hatten, waren es am Ende eben nur drei. Zuletzt ist dabei die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgesprungen, die den letztendlich erfolgreichen Kompromissvorschlag eingebracht hat, komplett auf einen Namenszusatz zu verzichten – auf diesen maximal mutlosen Kompromiss konnten sich dann auch die Fraktionen einigen, die eigentlich meinten, bessere Namensvorschläge (als Sigmund Jähn) machen zu wollen. Wir halten es für absurd, dass der fehlende Wille zur Positionierung dazu geführt hat, dass das neue Planetarium jetzt schlicht „Planetarium Halle“ heißen soll.

Zu der Entscheidung hat das Neue Deutschland z.B. einen guten Überblicksartikel verfasst:

neues-deutschland.de/artikel/1148767.sigmund-jaehn-im-all-geehrt-in-halle-nicht.html

Neben dieser Enttäuschung wurden allerdings auch einige positive Entscheidungen getroffen: Zukünftig soll beispielsweise eine Statue an den Aufklärer Christian-Wolff erinnern (geschaffen von Prof. Bernd Göbel), was wir sehr begrüßen. Außerdem hat der Stadtrat die Verwaltung dazu aufgefordert, ein Beleuchtungskonzept für die Hafenbahntrasse zu erstellen. Auch wenn wir der Meinung sind, dass die Grundlage dafür längst gegeben ist, haben wir auch diese Initiative unterstützt und uns über die mehrheitliche Annahme gefreut. Beim Tagesordnungspunkt der mündlichen Anfragen konnten wir darüber hinaus zwei relevante Themen ansprechen: Zum einen fragte unsere Stadträtin Ute Haupt, ob die Stadtverwaltung nicht an die privaten Wohnungsunternehmen appellieren könne, Mieterhöhungen mit Hinweis auf die Corona-Lage auszusetzen. Der OB sagte zu, an die Unternehmen in diesem Sinne heranzutreten. Jetzt liegt es an den Gesellschaften, soziale Verantwortung zu zeigen. Außerdem fragte unser Stadtrat Thomas Schied nach Möglichkeiten, das Riveufer besser gegen Unfälle abzusichern. Hier erklärte die Stadtverwaltung, diese Anregung mitnehmen zu wollen.

Über den alltäglichen Entscheidungen und Entwicklungen der Ratsarbeit steht aber natürlich weiterhin der Impfskandal, der auch in der Sitzung nicht aufgeklärt werden konnte. Wir fordern weiterhin, dass endlich alles offen kommuniziert wird und Konsequenzen für den Oberbürgermeister realisiert werden. Deshalb wird der Stadtrat am 15. März auch zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Zu Beginn dieser Sitzung wurde eine Resolution der Fraktionen (DIE LINKE, CDU, SPD, GRÜNE, FDP und Teile von MitBürger & DIE PARTEI) verlesen, die u.a. die diszplinarrechtlichen Schritte begrüßt.

In der Fragerunde am 24.02.2021 haben unsere Stadträte Hendrik Lange und Thomas Schied den Oberbürgermeister dann für sein Agieren im Impfskandal massiv kritisiert. Thomas Schied konnte vorher Akteneinsicht nehmen und hielt fest, dass die Akten ein Witz sind, denn die Stadträt*innen bekamen nichts zu sehen, was sie nicht ohnehin gekannt hätten. Hendrik Lange kritisierte den Oberbürgermeister für seine Statements, die die Schuld nur auf andere abzuwälzen versuchen. Er stellte fest, dass der Oberbürgermeister ein System zu seiner eigenen Impfung aufgebaut und kein Interesse an einer Aufklärung des Skandals hat.