PM: Fahren ohne Fahrschein entkriminalisieren

Die Fraktion Die Linke beantragt im Stadtrat Halle, dass die HAVAG zukünftig auf Strafanträge wegen „Erschleichen von Leistungen“ verzichtet. Damit soll verhindert werden, dass Menschen, die ohne Fahrschein fahren, in Haft kommen, nur weil sie sich weder eine Fahrkarte noch die Geldstrafe leisten können.

 

Wer ohne Fahrschein fährt, muss derzeit nicht nur ein erhöhtes Beförderungsentgelt bezahlen, sondern kann auch angeklagt werden. Grundlage dafür ist der Straftatbestand „Erschleichen von Leistungen“, der auf Antrag des jeweiligen Verkehrsunternehmens verfolgt wird. Das führt dazu, dass tausende Menschen pro Jahr vor Gericht landen. Wenn sie sich das Strafgeld nicht leisten können, dann droht auch eine Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis. Bundesweit setzen Initiativen wie der Freiheitsfonds am 5. Dezember ein Zeichen dagegen und kaufen Menschen aus dem Gefängnis frei.

„Es ist nicht zu ertragen, wenn in einem reichen Land Menschen im Gefängnis sitzen, weil sie sich schlicht keine Fahrkarte leisten können. Denn das ist der einzige Grund, warum es zu einer Ersatzfreiheitsstrafe kommt: Menschen, die aus Geiz oder Vergesslichkeit kein Ticket bezahlen, zahlen ihr erhöhtes Beförderungsentgelt, spätestens wenn die Pfändung beantragt wird – ins Gefängnis gehen nur diejenigen, die nicht anders können. Dort droht ihnen eine weitere Verschlechterung der sozialen Lage und die Gefängnisse sind auch wegen solcher Bagatelldelikte überfüllt“, erklärt dazu Jannik Balint, sachkundiger Einwohner im Klima-, Umwelt- und Ordnungsausschuss.
 
 „Wichtig ist für uns: Der gestellte Straftantrag ändert nichts am System. Denn auch nach dem juristischen Prozess können sich die Betroffenen keine Fahrkarten leisten und deshalb entsteht auch kein positiver Lerneffekt. Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass die HAVAG keine Strafanträge mehr stellt und in Halle dafür niemand mehr in Haft kommt“, ergänzt Anja Krimmling-Schoeffler, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion.